Auf Schleichwegen zum Herrenhausfelsen (Panská skála)


Fährt man Richtung Böhmisch Leipa (Česká Lípa) tauchen bald hinter Haida (Nový Bor) zwei markante Basaltkegel auf, der Kottowitzer Berg (Chotovický vrch) und der Langenauer Berg (Skalický vrch), welche durch einen langgezogenen Sattel verbunden sind. Jenseits nimmt der Rohnbach (Šporka) seinen Lauf und fließt dem Polzen entgegen. Westlich steigt das Gelände weitläufig, erst sanft, dann steil zum Sonneberger Kamm hin an, einem südlichen Ausläufer des Lausitzer Gebirges. Der auffallende Gipfel des Langenauer Berges lockt uns zu einem Aufstieg. Vom Kamm zwischen Kottowitzer und Langenauer Berg überblickt man zunächst das sich entlang des Baches hinziehende Dorf Langenau und den gesamten Rund unserer heutigen Wanderung. Früher befand sich auf dem Berg eine Einsiedelei, später eine Gaststätte, von der nur noch Fundamente und die Kellerräume vorhanden sind. Für Wanderer wurde ein Rastplatz eingerichtet. Die Sicht ist zwar durch Baumwuchs eingeschränkt, der Blick zu den Bösigen (Bezdězy), dem Leipaer Spitzberg (Špičák u Ceské Lípy) und zum Mittelgebirge hin erfreut aber jene, die sich hier hoch bemüht haben. 

Langsam wandern wir entlang der Felder, auf denen jetzt das Getreide reift, dem Gebirge entgegen. Ziel ist zunächst die Sommerfrische Sonneberg (Slunečná), welche uns von unserem letzten Besuch in angenehmer Erinnerung geblieben ist. In ruhiger Lage ziehen sich die Grundstücke zwischen Waldgrenze und parallel verlaufender Straße am Hang des Gebirges hin. Sie werden wohl überwiegend als Wochenend- und Ferienhäuser genutzt. Zweifelsfrei ein idyllischer Flecken. 

Oben am Ende des Kammes, östlich des Wolfsberg (Vlčí vrch), ragt ein Basaltstock aus dem Wald. Das ist der Tscheschkenstein (Česká skála), dessen Wände steil nach Nordost abfallen. Wir wählen dahin einen alten abenteuerlichen Pfad, der vom markierten Wanderweg abzweigt und jetzt im Sommer total verwachsen ist. Auch vom Gipfel ist die Sicht durch die Bäume eingeschränkt, jedoch der Herrenhausfelsen (Panská skála) - unser Tagesziel - und der umliegende Ort Parchen (Prácheň) sind gut zu sehen. 

Der Herrenhausfelsen ist ein geologisches Naturdenkmal ersten Ranges. Allerdings wurde diese Basaltanhöhe mit den gewaltigen bis 30 Meter hohen Säulen bereits seit dem 18. Jahrhundert als Steinbruch genutzt und zunehmend abgetragen. Bereits Paudler sorgte sich 1883 um dieses besondere Naturdenkmal 

'An dem herrlichen und berühmten Herrnhausberge wird sich wohl wenig ändern lassen. Immerhin wird aber ein Verschönerungsverein moralisch dahin wirken können, dass wenigstens die schönsten Partien dieser wundervollen Säulenwelt vor der Zerstörung und Vernichtung möglichst bewahrt werden. In der That muss man es dankbar anerkennen, dass der Abbau seit einiger Zeit die äußeren, höheren Partien geschont und sich mehr dem in der Erde liegenden, nicht minder herrlichen Säulengestein zugewandt hat. Auf diese Weise sind Prachtreihen überlanger Säulen aufgedeckt worden, von welchen früher kaum die aus der Erde ragenden Säulenköpfe bekannt gewesen sein können. Nichtsdestoweniger bemerkt man nicht ohne die größte Befürchtung für die Zukunft, wie riesige Säulenmengen binnen wenigen Jahren dem Herrnhausberge entnommen worden sind. Wahrlich, es wäre zu wünschen, dass dieses unvergleichliche Säulenlager möglichst geschont und nur für bevorzugtere Zwecke ausgebeutet werden möchte; für gewöhnliche Bauten findet man ja auf zahlreichen nordböhmischen Höhen schöne, wenn auch minder edle Basaltsäulen in Hülle, Fülle und Auswahl.' 

Erst im Jahre 1953 wurde der immer noch stattliche Rest unter Naturschutz gestellt. Der Fels wurde konserviert und gilt als das meist besuchte Naturdenkmal Böhmens. Der dafür geschaffene Parkplatz erscheint allerdings ein wenig überdimensioniert und stört das Landschaftsbild. Natürlich ist der leicht begehbare Fels ein exzellenter Aussichtsberg. Von seinem Gipfel erblickt man einen großen Teil des Lausitzer Gebirges, vom Kaltenberg (Studenec) bis zum Kleis (Klíč) sowie die östlichen Berge vom Grünberg (Zelený vrch) bis ins Rollberg Hügelland (Ralská pahorkatina). Eine weitere schöne Aussicht ein Stück oberhalb vom Gipfel des Wolfsberges ist heute jedoch verwachsen, aber Paudler berichtet über ein interessantes natürliches Phänomen 

'Außer der schönen Aussicht wurde von uns auch das seltsame Verhalten der Magnetnadel beobachtet und gebührend angestaunt. Sowie man nämlich die Magnetnadel dem Basaltgesteine nähert, wird sie nicht nur äußerst unruhig, sondern dreht sich ganze Quadranten aus ihrer Lage, und wenn man mit derselben auf dem Kopfe einer Säule hin- und widerfährt, so kann man die Wahrnehmung machen, dass sie fast in einem Augenblicke die entgegengesetztesten Stellungen einzunehmen vermag.'

Ursache für diese Eigenschaft ist die Anwesenheit von Magnetit im Basaltgestein.

Von Parchen führt ein Weg direkt hinunter nach Langenau, so dass der Rückweg recht schnell zurückgelegt ist. 


Epilog: Kegelweg zwischen Jeschken und Milleschauer


Der Kegelweg ist geschafft, bleibt nur noch der Heimweg. Der heimliche Wunsch, die Mannschaft noch einmal auf den Wostrey zu locken, von wo es eine herrliche Aussicht über Milleschau zum Donnersberg und Kletschen gibt, bleibt ungehört. Jeder will heim. Also gehen wir vorbei am Wostrey (Ostry) immer abwärts bis Lobositz (Lovosice). Die Wegstrecke bis Bilinka vorbei am Suttomer Berg und Lobosch ist landschaftlich sehr schön, Holunder, Heckenrosen und Mohnblumen blühen. Hinter Bilinka ist alles vorbei, hier läuft die Autobahn und Lobositz ist in Sicht, ein Industriestandort. Aber unsere Bahn fährt von hier.

Ein Fazit:

Die Wanderung hat gehalten, was wir uns von ihr versprochen haben. Wir waren neugierig und das ist immer ein gutes Motiv für eine solche Unternehmung. Es war ein tolles Erlebnis in einer herrlichen Landschaft. Gewiss ist der Kegelweg keine Route für den Massentourismus und das sollte bitteschön auch so bleiben. Aber jedem Naturfreund und jedem Liebhaber schöner Landschaften kann man diesen Weg gerne weiterempfehlen. Das zu vermitteln ist auch unser Anliegen. Gerne empfehlen wir die bei jeder Etappe genannten Unterkünfte. Sie passen gut in die Planung und wir waren in jeder Hinsicht zufrieden. Dafür auch ein Dankeschön.

Gelernt habe ich auch, dass neben Handy, GPS und Digitalkamera noch andere Kommunikationsformen überliefert sind. Zückt doch ein Wanderfreund da, wo üblicherweise aus allen Lagen geknipst wird, Papier und Bleistift aus der Tasche und skizziert die typischen Landschaftsformen. Unglaublich aber stilvoll !

Tschechien an sich ist ein wunderbares Reiseland, nicht nur wegen der Landschaft. Es geht hier noch normal zu, keine Hektik, keine Hysterie, Freundlichkeit (Kinder grüßen in der Regel, wenn man ihnen begegnet - und Erwachsene auch - !), Hilfsbereitschaft, Gelassenheit. Vielleicht hören es die tschechischen Nachbarn nicht gern, aber ein bisschen K. u. K. - Mentalität scheint noch verwurzelt zu sein. Ich finde das charmant.

In den meisten europäischen Ländern sind wir es gewohnt, in Euro zu bezahlen. Das lästige Umrechnen entfällt. In Tschechien zahlt man noch mit Kronen. Sind sie noch nicht so weit ? Die Wirtschaft scheint zu florieren, davon sprechen immer neue Industrieansiedlungen, die nach wie vor aus dem Boden schießen. Es scheint Geld im Umlauf zu sein, denn viele Tschechen kommen nach Deutschland einkaufen. Die oft als Übel gebrandmarkte Verschuldung hält sich in Grenzen, wie man hört. Kulturgüter werden saniert, wie man sieht. Dazu gehören Wegkreuze, Kapellen, Burgen, Schlösser, aber auch die alten Bergbauden, z. B. auf Lobosch und Milleschauer und vor allem, sie werden bewirtschaftet. Wie sieht es da eigentlich mit dem Cash Flow aus? Egal, jedenfalls kann kein Sparkommissar aus Bonn oder Brüssel hineinreden.

Warum hat Tschechien also noch keinen Euro ? Vielleicht erklärt es folgender alter Witz :

Was ist der Unterschied zwischen dem Braven Soldat Schwejk und Egon Krenz?

Auflösung :

Der Brave Soldat Schwejk ist hoch intelligent und stellt sich dumm und Egon Krenz war Mitglied des ZK der SED, Mitglied des Staatsrates der DDR und erster Vorsitzender der Freien Deutschen Jugend.

Der Leser wird selbst wissen, wie er diese Personalien auf den neuesten Stand bringt.



Letzte Eindrücke


Blühende Landschafren




Lippenberg und Milleschauer




Blick zum Lobosch


Das gibt es noch : Die Landschaft wird gemalt


Klick aufs Bild: 

"Der neue Kegelweg vom Jeschken bis zum Milleschauer" von J. Tille (Teil 1) 
Aus Deutschen Bergen, Jg. 21 Heft 9 (Außig, 1. Sept. 1906) 


Prolog
Etappe 1: Vom Jeschken nach Neuland
Etappe 2: Von Neuland über Reichstadt nach Böhmisch Leipa
Etappe 3: Von Böhmisch Leipa nach Neuland bei Auscha
Etappe 4: Von Neuland bei Auscha nach Kutteslawitz
Etappe 5: Von Kutteslawitz nach Groß Tschernosek an der Elbe
Etappe 6: Von Groß Tschernosek an der Elbe nach Kotzauer
Epilog

6. Etappe: Von Groß-Tschernossek nach Kotzauer (Kocourov)


Die letzte Etappe unserer Tour steht an. Es könnte so schön sein : Eine Personenfähre bringt uns über die Elbe von Groß nach Klein Tschernosek. Leider müssen wir feststellen, daß der Fährbetrieb aufgrund des Hochwassers in der Vorwoche eingestellt ist, es ist keine Fähre zu sehen. Mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln das andere Ufer zu erreichen, erfordert einen ziemlichen Zeitaufwand. Freundlicherweise bietet man im Weingut an, uns per PKW bis Lobositz (Lovosice) mitzunehmen, von hier sind es nur 2 Stationen mit der Bahn bis Klein Tschernosek. So ist dieses Problem gelöst.

Von hier geht es durch das Wopparner Tal (Oparenské údolí, hier gibt es noch den seltenen Pflaumen-Zipfelfalter). Es ist schattig und das macht die Hitze noch einigermaßen erträglich. Wir lassen uns aber nicht davon abbringen, trotzdem auf den Lobosch (Lovos) aufzusteigen. Hier, jenseits der Elbe sind wir eigentlich erst so richtig inmitten der Kegellandschaft. Der Lobosch wird durch die Kette der Kegelberge umspannt wie die Bühne durch die Ränge eines Amphitheaters. So richtig zur Geltung kommt dies bei dem Dunst nicht, der sich über die Landschaft gelegt hat, aber immerhin, wir waren oben. Das Gesamtbild wird getrübt, wenn man des Monstrums von Autobahn ansichtig wird, welches die schöne Landschaft schnöde zerschneidet und wegen welchem es in der Vergangenheit heftigen Wirbel gegeben hat. Aber, es führt kein Weg daran vorbei, denn aufgemerkt Freunde: 'Von Dresden zum Frühstück nach Prag !' Das ist die Devise.

Sehr angenehm überrascht waren wir, dass die auf dem Gipfel befindliche Touristenbaude bewirtschaftet war, obwohl an einem Wochentag und bei diesen Temperaturen kaum Besucher zu erwarten waren. Eine Gedenktafel verrät, dass die Schwarzenberghütte zwischen 1924 und 1930 durch den Lobositzer Mittelgebirgsverein erbaut wurde. Sie befindet sich in einem guten Zustand.

Über Wopparn (Oparno) geht es wieder hinunter in das Wopparner Tal und von da hinauf nach Wellemin (Velemin). Kurz vor Wellemin überspannt eine Autobahnbrücke das stille Tal. Ein letztes Mal wollen wir A. Paudler bemühen, welcher notierte : 'Zu den schönsten Ausflügen, welche aus Lobositz gemacht werden, gehört die Partie durch das Wopparner Thal auf den Milleschauer, den König des Mittelgebirges, welcher eine der schönsten Aussichten bietet, die man im Böhmerlande zu finden vermag'. Man möge sich daran erinnern, wenn der Straßenabschnitt der Autobahn freigegeben ist.

Wellemin selbst ist ein grauslicher Ort, durch den sich eine endlose Schlange von Blech und Stahl wälzt und der ersten offenen Autobahnanbindung hinter dem Gebirge zuströmt. Kann man hier überhaupt wohnen? Wenn ich so etwas erlebe, frage ich mich immer, wie viele dafür erforderliche Ressourcen der Planet noch hergeben kann und wie viel er noch bereit ist, einzustecken, von dem, was an Gift dabei herauskommt. Die gedankliche Beschäftigung mit den Übeln dieser Welt hilft mir über die nächsten 2,5 ansteigenden Kilometer über schattenloses Gelände bis zum Waldrand des Milleschauer. Die Temperaturen dürften jetzt weit jenseits der 30 Grad gelegen haben. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Hinter dem Berg bauen sich auf einmal drohend Gewitterwolken auf. Wir eilen hinauf (soweit das noch möglich ist). Sollte es ein trauriges Finale geben? Es bleibt uns erspart, aber die Sicht von dem 836 m hohen Berg ist bescheiden. Immerhin soll Alexander von Humboldt den Milleschauer als einen der drei schönsten Aussichtsberge der Erde bezeichnet haben. Von einer früheren Begehung weiß ich, dass Humboldt dies nach einem Blick in die Kohlengruben von Brüx heute wohl anders beurteilen würde.

Das Ziel ist erreicht, der Weg vom Jeschken zum Milleschauer liegt hinter uns. Die Baude auf dem Milleschauer ist neu vorgerichtet und obwohl wir die einzigen Gäste auf dem Berg sind, erwartet uns der Hüttenwart und läßt uns ein frisches Bier ein. Wir stoßen kurz an und sind auch schon wieder weg. Die Rückbesinnung auf die Tour verschieben wir auf den Abend. Noch 6 km sind es zu unserem Quartier in Kotzauer (Kocourov).

Die Pension befindet sich in einer genialen Lage an der Südlehne des Lhotta Berges (Lhota). Wir hatten schon gehört, dass das Restaurant für seine vorzügliche Küche bekannt ist. Wir können das nur bestätigen. Außerdem gibt es hier das in Varnsdorf hergestellte und nur dort lokal vertriebene Bier Kocour (Kater), welches bei Bierkennern beliebt ist. Zum Essen trinkt man natürlich Wein. Woher? Natürlich aus Groß Tschernosek. Wir setzen uns auf die Terrasse und lassen die letzten Tage noch einmal Revue passieren. Dabei ruht der Blick auf der sich vor uns ausbreitenden Landschaft: vom Suttomer Berg reiht sich Kegel an Kegel bis hin zum Lippenberg, mitten drin im Hintergrund die Hasenburg. Ein schönes, dem Thema der Tour angemessenes Finale. Das war der Kegelweg.



Milleschauer Bach am Eingang des Wopparner Tales


Blick vom Lobosch auf Lobositz und Radebeule


Blick vom Lobosch auf den Milleschauer


Blick von Wopparn auf den Milleschauer


Eine Autobahnbrücke überspannt das Wopparner Tal bei Wellemin


Blechlawinen wälzen sich durch Wellemin


Bei Gluthitze unterwegs zum Milleschauer, im Hintergrund der Lobosch


Der Milleschauer vor uns


Der Milleschauer im Abendlicht



Blick vom Milleschauer in östliche Richtung


Blick vom Milleschauer nach Süden


Sendeanlagen auf dem Milleschauer, unten der Ort Milleschau und der Lhottaberg (Lhota)


Das Milleschauer Schloss


Der Kletschen (Kletečná)


Der Wostrey (Ostry)


Der Lippenberg (Lipská hora)


Kotzauer mit Lippenberg


Panorama von der Pensionsterasse gesehen. Unten: Penzion a Restaurace Kocourov, dahinter der Lhotta Berg


Prolog
Etappe 1: Vom Jeschken nach Neuland
Etappe 2: Von Neuland über Reichstadt nach Böhmisch Leipa
Etappe 3: Von Böhmisch Leipa nach Neuland bei Auscha
Etappe 4: Von Neuland bei Auscha nach Kutteslawitz
Etappe 5: Von Kutteslawitz nach Groß Tschernosek an der Elbe
Etappe 6: Von Groß Tschernosek an der Elbe nach Kotzauer
Epilog

Wanderung zur Friedländer Zinne (Frýdlantské cimbuří)


Aus Richtung Zittau gesehen türmen sich im Osten die Gipfel des Isergebirges auf, deutlich heben sich die Silhouetten der Vogelkuppen (Ptačí kupy) und der Tafelfichte (Smrk) ab und der erkennbare Einschnitt des Wittigtales läßt die steilen Abstürze an der nördlichen Flanke des Gebirges erahnen. Dahinter erstreckt sich das waldreiche Hochplateau des Gebirges, welches für Wanderer, Radfahrer und Skiläufer ideale Bedingungen bereit hält. Erfreulicherweise haben sich die Schäden, von denen der Wald durch die Umweltkatastrophe zum Jahreswechsel 1979/1980 betroffen war, langsam wieder ausgewachsen. Die tiefen Wälder, die wilden Wasserläufe, die Moore, die Wiesen und die schroffen Felsen hat man unmittelbar vor Augen, wenn man seine Gedanken in Richtung Isergebirge lenkt, obwohl das Geheimnisvolle dieser Bergwelt durch die fortswirtschaftliche und touristische Erschließung etwas verloren gegangen ist. In den Gedichten Gustav Leutelts, den Naturschilderungen sowie Wander- und Kletterbeschreibungen Rudolf Kauschkas und nicht zuletzt durch die wunderbare Fotografie eines Siegfried Weiß wird aber die Erinnerung an die Schönheit und die Sehnsucht nach dem Erleben dieser Landschaft wach gehalten.

Die beschriebene Wanderung führt in den wohl schönsten und zugleich romantischen Teil des Gebirges. Ein idealer Ausgangspunkt ist die Wallfahrtskirche Maria Heimsuchung in Haindorf (Hejnice), deren Besuch immer wieder lohnenswert ist.

Bei einem Blick über die Kirche hinüber zur Lehne des Gebirges weckt schon der Nußstein (Ořešník) die Vorfreude auf eine Besteigung, wenn gleich diese heute erst am Ende der Tour ansteht. Leicht über die Wiesen oberhalb von Weißbach (Bílý Potok) ansteigend folgen wir dem Weg in das wilde Tal des Schwarzbachs (Černý potok), dessen klares, aber torfiges Wasser den Quellen am Schwarzen Berge entspringt und wild über die Felsen durch die Schlucht hinab stürzt. Erwähnt sei, dass sich in alten Schriften die Anmerkung findet, C.M. von Weber sei in der Schwarzbachschlucht zum Motiv der 'Wolfschlucht' aus seiner Oper der 'Freischütz' angeregt worden. Unser Weg löst sich bald aus dem Tal und steigt hinauf zur Hainkirche und der Friedländer Zinne im Gebiet der Mittagssteine (Polední kameny). Wir befinden uns hier auf einer Felsgalerie aus Granitgestein, von wo unser Blick durch das Tal der Wittig (Smědá) schweift, nordöstlich die Massive der Tafelfichte und des Käuligen Berges (Paličník). Bei guter Sicht zeigt sich am Horizont die Landeskrone. Die Natur ist hier oben durch die harten klimatischen Bedingungen gezeichnet, der sie hier an der Nordkante des Gebirges ausgesetzt ist. Totholz inmitten des Heidelbeerkrautes und der Jungbäume, die sich unter den rauen Bedingungen durchzusetzen versuchen, geben der Szene etwas Romantisches.

Zurück führt der Weg zunächst zur Stolpichstraße (Štolpišská silnice), um bald zum Stolpichfall abzusteigen. Die Steinplatten, über die das Wasser zu Tal schießt, laden zu einer Rast ein und man kann die müden Füße in dem sprudelnden Nass etwas erfrischen. Beim weiteren Abstieg passieren wir das eingangs erwähnte Felsmassiv des Nußsteins. Der Zugang zum Aussichtspunkt ist gesichert. Den letzten Blick über das Wittigtal kann man sich einfach nicht entgehen lassen.


Herbstwanderung in den Prachauer Felsen (Prachovské skály)


Einen goldenen Herbsttag nutzten wir für eine Wanderung im Böhmischen Paradies (Český ráj). Die Region um Prachow (Prachov) bildet die östliche Begrenzung des Böhmischen Paradies. Die Gegend ist vor allem durch seine bizarren und mächtigen Felsenstädte bekannt. Daneben sind aber auch die Teichlandschaften, die Flusstäler und die Burgen als Zeugen der kulturellen und geschichtlichen Bedeutung der Region interessant und beachtenswert. Wandertechnisch ist das Gebiet gut erschlossen, so daß man die Sehenswürdigkeiten gut erreichen kann. Es lohnt sich jedoch, die Magistralen zu umgehen und weniger frequentierte Wege zu benutzen (in den Felsstädten ist das natürlich nicht möglich). Erst dann wird man die liebliche Landschaft richtig kennenlernen.

Als Ausgangspunkt für die Tour wählten wir Wostružno (Ostružno) in der Nähe von Jitschin (Jičin). Auf Hin- und Rückweg sehen wir einen Teil der unter Naturschutz stehenden Teichlandschaft, die diesen Weiler umgibt. Damit erleben wir auf dem Weg in die Felsenstädte ein weites Spektrum der Schönheiten der Landschaft. Die Wege führen durch Buchenwälder, die jetzt im Herbst ihr goldenes Blätterdach ausbreiten, aber auch durch Felsgassen, in die kaum Sonne dringt und deren steinernen Wände mit Moos und Flechten überzogen sind. In einem Bildband beschreibt Siegfried Weiß diese Landschaft trefflich als 'Die Welt grüner Stille'. Bevor wir in die Felsenstadt eintreten, gestatten wir uns noch einen Abstecher zu einer der zahlreichen Burgruinen, der Burg Pařez. Die Burg wurde im 14. Jahrhundert errichtet und hatte nur eine kurze Lebensdauer.

Die Felsenstadt an sich hinterlässt einen gewaltigen Eindruck, entlang des Wanderweges gibt es an mehreren Stellen gesicherte Austritte, von denen diese Steinwelt zu überblicken ist. An einigen Stellen zeigen sich am Horizont die imposanten Türme der Burgruine Trosky. Auf zahlreichen Felsnadeln sind die Gipfelbücher sichtbar, in denen sich die Sandsteinkletterer verewigen können.

In der Saison ist bei Eintritt in die Felsenstadt Eintritt zu bezahlen. Jetzt im Herbst waren die Kassenhäuschen verschlossen.

An längeren Tagen kann man über eine Ausweitung der Tour über den Velišský hřbet zur Burgruine auf dem Welisch (Veliš) nachdenken. Die Tour (20 km) verlängert sich dann um ca. 7 km. 



"Frühlingswanderung" zu den Zeidler-Eisfällen


Profunde Kenner der nordböhmischen Landschaft wissen natürlich, daß im äußersten nördlichen Zipfel der Böhmischen Schweiz ausgangs des Winters ein besonderes Naturschauspiel geboten wird. Jetzt, Mitte März, ist es genau die richtige Zeit dahin zu gehen und sich diese Symphonie aus Eis anzuschauen - die Eisfälle von Zeidler (Brtnické ledopády). Schroffe Canons zerfurchen die Sandsteinplatte der Böhmischen Schweiz, die ein guter Wasserspeicher ist. Zeidlerbach, Wolfsbach und Kirnitzsch sammeln das Wasser und führen es hinunter zur Elbe. So ist es in diesen schattigen Tälern das ganze Jahr über feucht, im Sommer erfrischend kühl. Im Frühjahr aber meint man, sich in einem Kühlschrank zu befinden, denn durch die Temperaturunterschiede bilden sich an den Überhängen der Felsen bizarre Eiswände, die die Umgebung frisch halten. Je nach Materialeigenschaft des Sandsteins schimmert das Eis in den unterschiedlichsten Farben. Die Temperaturen können sich im Talgrund durchaus bis ins späte Frühjahr hinein halten. Bereits am Zeidlerbach begegnen uns die ersten Eiskaskaden, die beeindruckenderen Gebilde dürften jedoch am Wolfsbach zu finden sein. Hinweisschilder (Betlém / Krippe und Velký sloup / Große Säule) weisen dort auf die teils vom Weg entfernten Formationen hin.

Ein guter Ausgangspunkt für die Tour ist der Parkplatz an der Touristeninformation in Zeidler. Es empfiehlt sich, die Tour in Hemmehübel (Kopec) am Zeidlerbach zu beginnen, nicht weil uns dort die einzige Gaststätte auf der Tour erwartet, sondern weil die starken Anstiege aus dem Talgrund hinauf vereist sein und somit anderenfalls beim Abstieg gefährlich werden können, besonders, wenn man sich für die in der Karte blau markierte Wegvariante entscheidet.

Die Wege entlang des Zeidlerbaches und durch das Khaatal (Kyjovské údolí) sind als Forstwege ausgebaut und eigentlich besser als Radwege zu benutzen. Es ist eine entspannende Fahrt durch diese zauberhafte Landschaft. Interessant dabei ist, dass hier in den 40-er Jahren des letzten Jahrhunderts eine Buslinie von Zittau nach Dresden durch das Khaa-Tal (Kirnitzsch) führte, heute schwer vorstellbar.

Sehnt man sich abschließend noch nach einem romantischen Erlebnis, kann man einen Abstecher zur spätbarocken Wallfahrtskirche Maria Schnee in Schnauhübel (Sněžná) einlegen. Vielleicht gerade, weil das Anwesen noch einer erforderlichen Renovierung harrt (Stand 2012), ist es mit seinem stillen Friedhof ein so beschaulicher Ort. 



Wanderung um die Hohlener Teiche (Holany)


Wer genau weiß, wo er suchen muß, der wird von den Gipfeln der heimischen Berge (Lausche, Hochwald, Pfaffenstein) bei schönem Wetter im Südwesten den Wilschtberg (Vlhošť) und den Ronberg (Ronov) entdecken. Der Wilschtberg ist mit 614 m die höchste Erhebung der Daubaer Schweiz, während der vulkanische Kegel des Ronberg bereits dem östlichen Teil des Böhmischen Mittelgebirges zugerechnet wird. Genau diese beiden Berge sind das Ziel unserer heutigen Wanderung. Die Tour gefällt durch die abwechslungsreiche Landschaft und die sich dadurch ergebenden Aussichten. Als Ausgangspunkt wählen wir Hohlen (Holany), südlich von Böhmisch Leipa (Česká Lípa) gelegen. Bereits hinter Neugarten (Zahrádky) passieren wir kurz vor Hohlen die Hohlener Teichlandschaft (Holanské rybníky), durch die uns der Rückweg der heutigen Wanderung führt. Zunächst wenden wir uns aber dem gebirgigen Teil der Tour zu. Ein Rundweg bringt uns bis unterhalb des Gipfels des Wilschtberges. Der Sockel des Berges besteht aus Sandstein, von dem er terrassenartig umgeben ist. Auf seiner westlichen und südlichen Seite liegen diese Terrassen frei, so dass von hier eine schöne Aussicht in die Daubaer Schweiz und hinüber ins Böhmische Mittelgebirge besteht. Südlich des Ronberges zeigt sich der Gansberg, dessen Gipfel von einem Fels in der Form einer Gans (Husa) bewacht wird (aber das ist eine Wandertour für sich). Nach einem kurzen steilen Abstieg treffen wir ein Felsplateau, über welches der Wanderweg von Dauba nach Neugarten verläuft. Es ist lohnend, sich auf diesem Plateau etwas umzusehen. Der Sandstein ist hier gespalten und weist mächtige Risse auf. Durch einen dieser Risse läuft der Weg dann hinab und durch das Wilschtbergtal nach dem verschlafenen Ort Sterndorf (Hvězda). Auch der Heimatforscher A. Paudler ist hier um 1890 bereits gewandert. Er beschreibt diesen Weg so: 'Bald geriethen wir aber wider alles Vermuthen auf die tiefen Felsgeleise einer uralten Straße, welche von Hohlen gegen Skalken geführt hat und theilweise sogar nach der Art der alten Römerstraßen mit großen Sandsteinen gepflastert ist.

Der weitere Weg zum Ronberg verläuft hinter Sterndorf entlang des Brotschkenwaldes, der von einer Felsgalerie gesäumt wird. Hinter diesem felsigen Wall türmen sich noch zahlreiche Kletterfelsen auf. Das eigentliche Ziel, den solitären Ronberg, hat man jetzt bereits vor Augen. Nach teils steilem Aufstieg wird man auf dem Gipfel in der Ruine der alten Burg einen geeigneten Platz für eine längere Rast finden. Der sich von hier ergebende Rundblick ist phänomenal, ganz nach der einfachen Devise : kann man vom Punkt A Punkt B sehen, so sieht man auch von Punkt B Punkt A - und der Ronberg ist nun einmal ein zentraler Blickfang in der nordböhmischen Landschaft. Bei Paudler liest man weiter (als Zitat): 'Wir haben alle die alten Burgen, die schönen Aussichtspunkte des Leitmeritzer Kreises erstiegen und die Umsicht von der alten Rohnburg als eine der lieblichsten, entzückendsten gefunden'. 

Als Rückweg nach Hohlen gönnen wir uns die Route durch die schon erwähnte Teichlandschaft. Sie besteht aus 23 Teichen und wurde bereits im 16. und 17. Jahrhundert zum Zwecke der Fischzucht angelegt. Die Seen befinden sich auf unterschiedlichem Höhenniveau, so daß zur Regulierung bereits damals entsprechende Wasserbauwerke angelegt wurden. Es schadet nicht, sich für den Weg durch die Teiche Zeit zu nehmen. Genauso aufregend, wie die Aussicht von den Bergen ist der Blick über den See zu jenen zurück. Je mehr der Abend herein bricht und die Sonne ihr warmes Licht über die Seen schickt, um so mehr schmeicheln sie sich in unser Empfinden ein. Kurz vor Erreichen des Ausgangspunktes wird die Kulisse noch durch die Kirche von Hohlen bereichert.